Arbeitsgemeinschaft Elternbeiräte an Gymnasien im Regierungsbezirk Stuttgart

AKTUELLES

Juli-Rundschreiben der ARGE Stuttgart nach den Gesprächen mit Landtagsabgeordneten

Liebe Mitglieder*innen der ARGE Stuttgart,

wie schon im Mai angekündigt, wollen wir unsere Mitglieder*innen heute über den Stand unserer Bemühungen unterrichten, die Unterrichtsversorgung der Schulen im Land nachhaltig zu verbessern.

In den letzten Wochen vor der Sommerpause des Landtags haben wir mit den kulturpolitischen Sprechern der Grünen (Frau Bosert), der CDU (Herrn Röhm), der SPD (Herrn Fulst-Blei) und der FDP (Herrn Kerrn) ausführliche Gespräche geführt und dabei sehr deutlich unsere Forderungen formuliert. Wir sind damit auch der Aufforderung des Kultusministeriums gefolgt, den Standpunkt der Eltern für die Haushaltsberatungen in den nächsten Monaten den Fraktionen nahezubringen. Die Mitglieder des Landtages – so das Ministerium - seien letztlich die Entscheidenden über die Bewilligung der Mittel, die vom Kultusministerium beantragt worden seien.

 Wir sind in jedes der Gespräche mit den gleichen Eckpunkten, den gleichen Forderungen und derselben Kompromissbereitschaft hineingegangen, die wir als Elternvertreter aufbringen wollen und müssen, um nachhaltige Fortschritte so schnell wie möglich an den Schulen ankommen zu lassen. Erneut und in Einklang mit den anderen ARGEn im Land sowie den Lehrerverbänden haben wir gefordert:

 -  Mindestens 110-prozentige Unterrichtsversorgung für die Schulen des Landes durch zusätzliche Planstellen für das Kultusministerium, finanziell abgesichert im Landeshaushalt. 

 - Ende der Entlassung von Referendaren nach dem 2. Staatsexamen. Bezahlung während der Sommerferien statt Wiedereinstellung zum ersten Schultag des neuen Schuljahres.

- Kürzung der Lehrerdeputate um eine Stunde. Diese Stunde wird jedem Lehrer als feste verpflichtende Vertretungsstunde zugeordnet. Damit wären fachspezifische Krankheitsvertretungen an jedem Gymnasium nach Bedarf möglich und nicht nach Verfügbarkeit in den RPs bei längerfristigen Ausfällen.   -   Springerverträge für jeweils ein Schuljahr (einschließlich     der Ferien) für examinierte Lehrer. Entsprechende landesweite Einteilung in örtliche Bereiche. Begünstigung für die Einstellung in den Schuldienst nach Absolvieren eines „Springerdienstes“. 

- Einstellung von Quereinsteigern mit entsprechender beruflicher Qualifizierung und zeitlichen Kapazitäten.   

- Erhöhung der Altersermäßigung auf das Alter ab 63 Jahren. Dadurch bleiben Lehrer länger bis zur gesetzlichen Altersgrenze im Dienst.

Positiv können wir nach den Gesprächen festhalten, dass alle Fraktionen Verständnis für unsere Forderungen haben, dass dieses Verständnis sogar so weit geht, dass die Abgeordneten zusicherten, diese Forderungen auch in den Ausschusssitzungen vorzutragen und diese – zumindest teilweise –einzufordern.

Negativ müssen wir festhalten, dass wir zuweilen das Gefühl hatten, dass der Erfahrungshintergrund der Abgeordneten gelegentlich – um es vorsichtig auszudrücken – nicht mit dem unseren übereinstimmte.

Wenig optimistisch stimmt auch die erneute Entlassung von tausenden von Referendaren und befristet beschäftigten jungen Lehrkräften zum Schuljahresende. Dieses Vorgehen zu beenden, ist eine seit Jahren von Eltern und Gewerkschaften erhobene Forderung. Gleichwohl leistet sich Baden-Württemberg – einzigartig in der Bundesrepublik – diese besondere Art der „Wertschätzung“ gegenüber diesem Teil der Lehrkräfte und entlässt sie in die Unsicherheit der Weiterbeschäftigung und zumindest für die Zeit der Sommerferien in die Arbeitslosigkeit und in Hartz IV. Dass das Land es trotz anders lautender Absichtserklärungen der Politiker seit Jahren nicht schafft, diesen keineswegs alleinigen Grund für die miserable Bildungssituation im Land endlich zu beseitigen, wirft leider auch kein gutes Licht auf den Willen der Politik, über die Bildungskatastrophe im Land nicht nur zu reden, sondern die erforderlichen Mittel zu beschließen, die Katastrophe zu beenden.    

Wir haben in keinem Gespräch den Eindruck hinterlassen, dass wir nur bei einer Erfüllung all unserer Forderungen zufrieden sein könnten. Wir waren immer bereit zur Diskussion, weshalb die Gespräche auch ungewöhnlich lang, aber durchweg konstruktiv waren. Die Abgeordneten hatten immer mal wieder die Neigung, Versäumtes dem politischen Gegner oder Vorgängerregierungen in die Schuhe zu schieben. Wir haben uns auf diesen Versuch nicht eingelassen, schon im Vorfeld Verantwortung von sich wegzuschieben,

Stattdessen haben wir alle Parteien aufgefordert, den Druck der Eltern in die Ausschussberatungen einzubringen: Ganz gleich, welche Lösungen der Landtag und/oder die Landesregierung für den nächsten Haushalt beschließt: Die Eltern werden im nächsten Schuljahr aufgrund der Beschlüsse und der Beratungen im Landtag selbst überprüfen, ob eine perspektivische Veränderung festzustellen ist. Überprüft wird auch, ob es schon im nächsten Schuljahr konkrete Veränderungen gibt.

Auch da werden die Erwartungen allerdings durch die Ende Juli bekannt gewordenen Einstellungszahlen erheblich gedämpft. Laut einer Presserklärung der Jungen Philologen bleiben die Einstellungszahlen an Gymnasien auf konstant niedrigem Niveau. Vom Fach Bildende Kunst abgesehen würde in allen Fächern weitaus weniger Lehrkräfte eingestellt als Bewerber vorhanden seien. Die in Baden-Württemberg für viel Steuergeld ausgebildeten Lehramtsbewerber würden so gezwungen, in andere Bundesländer oder ins Ausland abzuwandern. Umso wichtiger wird die Reaktion des Landtags in der Haushaltsdebatte sein.   

Wir sind Elternvertreter der zurzeit eingeschulten Kinder und nicht bereit, darauf zu warten, bis irgendwann einmal in einer der nächsten Generationen die jetzt angegangenen Veränderungen zum Beispiel in den Lehramts-Studiengängen an den Schulen ankommen werden.

Wir haben in jedem Gespräch auf unser Rechtsgutachten zur Klagemöglichkeit gegen den Unterrichtsausfall verwiesen – und festgestellt, dass dieses Rechtsgutachten nicht nur bekannt, sondern in den Grundzügen auch als durchweg plausibel angesehen wird. Einige Male tauchte in den Gesprächen auch der Wunsch der Politiker – und sogar der Ministerin - auf, den Anspruch auf Unterricht mit einem Minimum an Ausfallquoten gerichtlich klären zu lassen. Es entfiele dann der politische Verteilungskampf um die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Dann könne man sich ja auf ein Gerichtsurteil berufen, das klare Verhältnisse und Anspruchsgarantien schaffen würde.

Wir haben einerseits darauf hingewiesen, dass wir an diesem Armutszeugnis der Politik gegenüber den Wählern kein Interesse hätten und es vorziehen würden, dass der Landtag den politischen Willen aufbringe, das Geld für die Bildung zu beschließen.

 Wir haben andererseits aber auch sehr deutlich gemacht, dass wir nach Überprüfung der Unterrichtssituation im September/Oktober gegebenenfalls  auch bereit sind, bei unseren Mitgliedern die Zustimmung für eine Klage auf der Grundlage des Rechtsgutachtens einzuholen.

Wie geht es weiter?

Die ARGE Stuttgart wird beim RP Stuttgart eine erneute Erhebung des Unterrichtsausfalls in den Gymnasien des Landes vom 23.September bis 25.Oktober (=fünf Unterrichtswochen) beantragen und dabei denselben Befragungsbogen wie schon bei der ersten Erhebung im Januar/Februar 2018 verwenden, um eine Vergleichbarkeit zu sichern.

Die ARGE Stuttgart lädt die ARGEn Tübingen, Freiburg und Karlsruhe ein, entsprechende Erhebungen auch in ihren Regierungsbezirken durchzuführen. 

Unsere aktiven und aktuellen Themen können Sie unter http://arge-stuttgart.org verfolgen. Natürlich können Sie – wie auch in der Vergangenheit häufig - immer gerne direkt auf unsere Vorstandsmitglieder mit Ihren Anliegen zukommen.

Mit herzlichen Grüßen

Michael Mattig-Gerlach, Vorsitzender der ARGE Stuttgart

Ines Müller-Vogt, stv.Vorsitzende

Christina Bechmann,  Reinhold Hauser, Kareen Völschow, Stefanie Knecht