Arbeitsgemeinschaft Elternbeiräte an Gymnasien im Regierungsbezirk Stuttgart

RECHT UND GESETZ

Infos zur Lernmittelfreiheit

Informationen zum Thema Lernmittelfreiheit

"Handreichung" von Kultusministerium und Landeselternbeirat zum Thema Lernmittelfreiheit

https://leb-bw.de/infos-downloads/dokumente/576-handreichung-des-kultusministeriums-zur-lernmittelfreiheit/file

Leitsatz (VGH Ba-Wü, vom 23.01.2001, AZ: 9 S 331/00

1. Lernmittel im Sinne des Schulgesetzes für Baden-Württemberg sind Gegenstände, die für den Unterricht nach Anordnung der Unterrichtsverwaltung notwendig und zur Nutzung durch den einzelnen Schüler bestimmt sind.

2. Das Kultusministerium ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Begriff des Lernmittels näher abzugrenzen sowie abstrakt festzulegen, welche Lernmittel je nach Schulart und -form, nach Typ und Zug (Profil) sowie in jeder Klassen- oder Jahrgangsstufe vorgesehen sind. Die für jeden Schüler konkret notwendigen Lernmittel zu bestimmen, obliegt - im Rahmen der Beschlüsse der Fachkonferenz sowie unter mitwirkender Beratung der Klassenpflegschaft - dem Fachlehrer.

3. Der Schulträger ist verpflichtet, die notwendigen Lernmittel zu beschaffen, ohne dass ihm das Recht zustünde, über die Notwendigkeit einzelner Lernmittel zu bestimmen oder mitzubestimmen. Durch die Regelungen der Lernmittelverordnung wird die Pflicht des Schulträgers hinsichtlich der "kleinen" Lernmittel nicht auf bestimmte Pauschbeträge begrenzt.

4. Das Gebot der Landesverfassung, dass Lernmittel unentgeltlich sind, umfasst nicht nur Schulbücher, sondern grundsätzlich alle Lernmittel.

5. Die Lernmittelfreiheit gilt nicht unmittelbar kraft Verfassung sofort; vielmehr ist der Gesetzgeber aufgerufen, sie stufenweise zu verwirklichen. Jedoch darf der Gesetzgeber eine einmal erreichte Stufe der Unentgeltlichkeit nicht wieder zurücknehmen. Das ließe sich auch nicht mit dem Hinweis auf immanente Grundrechtsschranken rechtfertigen.

6. Die Lernmittelfreiheit unterliegt nur einer Bagatellgrenze. Hiernach können Gegenstände auch ausgenommen werden, um einem Missbrauch vorzubeugen oder wenn ihre Beschaffung einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verursachen würde.

http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE101810100&psml=bsbawueprod.psml&max=true

Die Lernmittel gem. Artikel 14 Abs. 2 Landesverfassung

Anmerkung zum Urteil des VGH Mannheim vom 23.01.01

Prof. Konrad Ruf (Vorsitzender des 11. Landeselternbeirates BW)

 

Mit dem Urteil des VGH Mannheim erfolgte eine Klarstellung der Lernmittelfreiheit, die in Artikel 14 Abs. 2 Landesverfassung und in § 94 Schulgesetz geregelt ist. Eine zentrale Aussage des VGH ist, die Lernmittelfreiheit nach Artikel 14 Abs. 2 Landesverfassung ist unumkehrbar; der Gesetzgeber darf die einmal erreichte Stufe der Unentgeltlichkeit nicht wieder zurücknehmen. Diese Stufe war mit der Regelung in der Landesverfassung und einer Einführung einer Bagatellgrenze von DM 1 im Jahre 1981 erreicht und bestimmt. Die Regelung in § 94 muss im Sinne des Artikel 14 und der ergangenen Entscheidung ausgelegt werden. Dieser Zustand kann nur in der Landesverfassung geändert werden. Die Lernmittelfreiheit, auf die jeder einzelne einen Anspruch hat, wird nur eingeschränkt durch eine Bagatellgrenze von DM 2 bzw. 1 EURO, durch missbräuchliche Anwendung und in Fällen mit sehr hohem Verwaltungsaufwand.

 Artikel 14 Abs. 2 LVerf

(2) Unterricht und Lernmittel an den öffentlichen Schulen sind unentgeltlich. Die Unentgeltlichkeit wird stufenweise verwirklicht. Auf gemeinnütziger Grundlage arbeitende private mittlere und höhere Schulen, die einem öffentlichen Bedürfnis entsprechen, als pädagogisch wertvoll anerkannt sind und eine gleichartige Befreiung gewähren, haben Anspruch auf Ausgleich der hierdurch entstehenden finanziellen Belastung. Den gleichen Anspruch haben auf gemeinnütziger Grundlage arbeitende private Volksschulen

nach Artikel 15 Absatz 2 1). Näheres regelt ein Gesetz

.§ 94 Schulgesetz

(1 )In den öffentlichen Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Kollegs, Berufsschulen, Berufsfachschulen, Berufskollegs, Berufsschulen und Sonderschulen hat der Schulträger den Schülern alle notwendigen Lernmittel mit Ausnahme von Gegenständen geringen Wertes leihweise zu überlassen, sofern die Lernmittel nicht von den Erziehungsberechtigten oder den Schülern selbst beschafft werden; ausnahmsweise werden sie zum Verbrauch überlassen, wenn Art oder Zweckbestimmung des Lernmittels

eine Leihe ausschließen. Gegenstände, die auch außerhalb des Unterrichts gebräuchlich sind, gelten nicht als Lernmittel.

(2) Das Kultusministerium bestimmt durch Rechtsverordnung, welche Lernmittel notwendig und welche davon zum Verbrauch zu überlassen sind.

(3) Ausländische Schüler stehen den einheimischen gleich.

 Lernmittel im Sinne des Schulgesetzes sind Gegenstände, die für den Unterricht nach Anordnung der Unterrichtsverwaltung notwendig und zur Nutzung durch den einzelnen Schüler im Unterricht bestimmt sind. Die Anordnung der Unterrichtsverwaltung über die notwendigen Lernmittel erfolgt durch den Fachlehrer / die Fachlehrerin im Rahmen der Beschlüsse der Fachkonferenz § 45 Abs. 2 SchG unter mitwirkender Beratung der Klassenpflegschaft § 56 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 und damit der Eltern

 Entscheidend für ein notwendiges Lernmittel ist nicht die Benennung in der Lernmittelverordnung sondern, dass der Fachlehrer das Lernmittel zum Gegenstand seines Unterrichts gemacht und angeordnet hat, dass jeder Schüler das Lernmittel in einer bestimmten Ausführung zur Verfügung haben muss.

 

§ 56 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Schulgesetz

Dem dient insbesondere die Unterrichtung und Aussprache über 5. in der Klasse verwendete Lernmittel einschließlich Arbeitsmittel. Nach diesen Regeln ist es nicht zulässig, dassein

Klassenlehrer oder Fachlehrer in der Klassenpflegschaftssitzung die Eltern dazu auffordert, bestimmte im Unterricht zu verwendende Lernmittel selbst zu bezahlen.

Die Lernmittel sind nach dem Urteil des VGH unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Der VGH entscheidet zwischen:

Große Lernmittel:

z.B. Druckwerke, Schulbücher, sogenannte Lern- und Arbeitsmaterialien, die verbrauchbar oder nicht verbrauchbar sind Arbeitshefte, (Workbooks, exercice cahier),Hefte, in welche die Schüler schreiben müssen Ganzschriften / Lektüre etc.

Kleine Lernmittel:

Sogenannte Lern- und Arbeitsmaterialien, die verbrauchbar oder nicht verbrauchbar sind:

verbrauchbare Lernmittel:z.B. Werkstoffe, (alle Materialien, die im Technik- und Werkunterricht verwendet werden) Kochgut (ausgenommen Essen, das die Schule zusätzlich außerhalb des Unterrichts anbietet)

nicht verbrauchbare Lernmittel:z.B.Musikinstrumente, Zeichenplatte, - blöcke

Reißzeuge, Zirkel, Taschenrechner, Malkasten,Geodreieck ,Lineal etc.

Je nach Art des Lernmittels sind diese im Rahmen des Artikel 14 Abs. 2 Landesverfassung leihweise oder zum endgültigen Verbleib bzw. zum Verbrauch zu überlassen.

Die großen Lernmittel mit Ausnahme der Arbeitshefte werden daher regelmäßig nur leihweise zur Verfügung gestellt. Alle Lernmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind, werden den Schülern endgültig überlassen.

Dazu gehören insbesondere bei den großen Lernmitteln die Arbeitshefte und bei den kleinen Lernmitteln alle, die von den Schülern im Unterricht verbraucht werden. Nicht verbrauchbare Lernmittel werden immer nur leihweise zur Verfügung gestellt.

 Lernmittel, die leihweise zur Verfügung gestellt werden müssen:

Druckwerke, Schulbücher, Musikinstrumente, Zeichenplatte, Reißzeuge, Zirkel, Taschenrechner, Geodreieck, Lineal etc

Lernmittel, die zum Verbrauch endgültig zu überlassen sind:

Arbeitshefte, Ganzschriften (damit Anmerkungen eingetragen werden können)

Werkstoffe, (alle Materialien, die im Technik- und Werkunterricht verwendet

werden) ,Kochgut (ausgenommen Essen, das die Schule zusätzlich außerhalb des Unterrichts anbietet und  nicht ausschließlich pädagogischen Zwecken dient.) Malkasten, Zeichenblöcke

 Die oben genannten Lernmittel sind immer unentgeltlich zu überlassen, ausgenommen sind Lernmittel im Rahmen der Bagatellgrenze von DM 2 bzw. Euro 1.

Deshalb werden Schreibhefte als kleines Lernmittel nicht zur Verfügung gestellt, weil sie diese Bagatellgrenze regelmäßig nicht überschreiten. Sollten die Anschaffungskosten der verbrauchbaren Lernmittel die Bagatellgrenze von DM 2 bzw. 1 Euro überschreiten, werden diese außerdem dann nicht zur Verfügung gestellt, wenn mit der Überlassung ein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand verbunden wäre.

Lernmittel, die wegen unverhältnismäßig hohem Verwaltungsaufwand nicht zur Verfügung gestellt werden:

Schreibhefte, Bleistifte, Radiergummi, Farbstifte etc.

 Die Schulträger sind verpflichtet die erforderlichen Mittel für die Umsetzung der Lernmittelfreiheit ggf. unabhängig vom Budget zur Verfügung zu stellen. Die Schüler bzw. deren Eltern haben einen Anspruch darauf. Die Lernmittelfreiheit nach Artikel 14 Abs. 2 ist nach den Feststellungen des VGH eine Folge aus Artikel 11 Landesverfassung:

Nach Artikel 11 LVerf hat jeder junge Mensch ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verordnung des Kultusministeriums über die notwendigen Lernmittel (Lernmittelverordnung - LMVO) Vom 19. April 2016*

§ 1
Notwendige Lernmittel

(1) Lernmittel sind Schulbücher und andere Sachen, die dazu bestimmt sind, von Schülerinnen und Schülern zum schulischen Lernen genutzt zu werden.

(2) Ausstattungsgegenstände der Schülerinnen und Schüler im Sinne von § 85 Absatz 1 Satz 2 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg (SchG) sowie Lehrmittel als Unterrichtsmittel, die von den Lehrkräften für die Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts benötigt werden, sind keine Lernmittel. Keine Lernmittel sind ferner Gegenstände, die zur Einrichtung der Schule, insbesondere der Fachräume, Werkräume, Werkstätten und Schulküchen gehören.

(3) Notwendige Lernmittel sind Lernmittel, die zur Erreichung der Bildungs- und Erziehungsziele des für den jeweiligen Bildungsgang geltenden Bildungs- oder Lehrplans sowie des Schulcurriculums erforderlich sind. Die Schulträger der in § 94 Absatz 1 Satz 1 SchG genannten Schulen statten die Schülerinnen und Schüler mit den notwendigen Lernmitteln aus, soweit diese nicht von den Erziehungsberechtigten oder den Schülerinnen und Schülern selbst beschafft werden. Soweit Lernmittel nach dem Gebrauch durch die Schülerin oder den Schüler nicht mehr durch andere Schülerinnen und Schüler weiterverwendet werden können, sind sie zum Verbrauch zu überlassen.

(4) Die Fachkonferenz bestimmt, ob und gegebenenfalls welche notwendigen Lernmittel für das jeweilige Unterrichtsfach verwendet werden. Besteht keine Fachkonferenz, entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter nach Anhörung der Fachlehrerinnen und Fachlehrer. Die Entscheidung gilt bei Lehrbüchern grundsätzlich für mindestens fünf Jahre. Die Fachkonferenz und die Schulleiterin oder der Schulleiter haben bei ihrer Entscheidung Lernmethode, Bedürfnisse des Unterrichts im jeweiligen Fach, Art und Zweckbestimmung des Lernmittels sowie den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen.