Arbeitsgemeinschaft Elternbeiräte an Gymnasien im Regierungsbezirk Stuttgart

Kultusministerin zum Gespräch mit der ARGE bereit

Das Kultusministerium des Landes Baden-Württemberg hat sich unmittelbar nach der Landespressekonferenz der ARGE Stuttgart am 15.März zu der Veröffentlichung des Rechtsgutachtens geäußert.

Im Wortlaut:

Stellungnahme zur Landespressekonferenz der ARGE

 

Das heute von der Arbeitsgemeinschaft der Elternvertreter (ARGE) Stuttgart angekündigte Rechtsgutachten wird das Kultusministerium sorgfältig prüfen und bewerten. Zur grundlegenden Thematik des Unterrichtsausfalls nimmt das Ministerium wie folgt Stellung:

 

Das heute von der Arbeitsgemeinschaft der Elternvertreter (ARGE) Stuttgart angekündigte Rechtsgutachten wird das Kultusministerium sorgfältig prüfen und bewerten. Anschließend wird das Ministerium selbstverständlich für ein gemeinsames Gespräch mit der ARGE zu Verfügung stehen. Ebenso wird das Kultusministerium die Situation bei der Unterrichtsversorgung am Kepler-Gymnasium in Freiburg analysieren und unabhängig von der Klage gemeinsam mit dem Regierungspräsidium und der Schule Maßnahmen festlegen, um den Unterrichtsausfall dort zu verringern. Zur grundlegenden Thematik des Unterrichtsausfalls nimmt das Ministerium wie folgt Stellung:

Das Grundproblem sind fehlende Lehrer

Die Planungsfehler der Vergangenheit machen sich seit einigen Jahren auf dem Lehrerarbeitsmarkt durch einen deutlich spürbaren Mangel an Lehrkräften bemerkbar. „Unser Grundproblem besteht darin, dass es derzeit schlicht zu wenige Lehrer gibt. Wir haben im Moment offene Stellen, die wir aber leider nicht alle besetzen können. Es kommen dann schnell zwei Lösungsvorschläge auf: den Klassenteiler anheben oder die Lehrerdeputate erhöhen. Doch obwohl ich der Unterrichtsversorgung absolute Priorität einräume, lehne ich beide Maßnahmen bewusst ab“, sagt Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann und ergänzt: „Unsere Lehrerinnen und Lehrer sind so schon sehr gefordert und die Klassen gefühlt eher zu groß als zu klein. Daher ist die derzeit beste Sofortreaktion, konsequent auf die Umsetzung des Maßnahmenpakets zu setzen.“ Dazu zählen etwa Teilzeiterhöhungen, der Einsatz pensionierter Lehrkräfte, das frühzeitige Werben um Fachkräfte sowie flexiblere Abläufe beim Einstellungsverfahren. Um solche grundlegenden Fehler in Zukunft zu vermeiden und eine vorausschauende Planung zu ermöglichen, hat das Kultusministerium unlängst eine Bedarfsprognose für die Jahre 2020 bis 2030 vorgelegt.

Darüber hinaus prüft das Kultusministerium fortlaufend neue Optionen zur Lehrergewinnung. Zum Beispiel das so genannte „freiwillige Vorgriffstundenmodell“. Dieses sieht vor, dass ein Lehrer freiwillig auf Antrag für einen gewissen Zeitraum eine Stunde mehr arbeitet, die er dann später wieder ausgleicht. „Dieses Modell wäre vor allem für Schularten mit hohem Lehrerbedarf, in Regionen mit Engpässen sowie für Lehrkräfte in Mangelfächern – also überall dort, wo dringend Lehrkräfte gebraucht werden – ein wirksamer Schritt“, betont Eisenmann. An den Gymnasien könnte das Modell vor allem in den Fächern Physik und Informatik weiterhelfen, für die derzeit nicht genügend ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Für diese Fächer besteht zudem schon jetzt die Möglichkeit zum Seiteneinstieg, wodurch studierte Kräfte gewonnen werden.

Unterrichtsversorgung: zentrale Aufgabe der Schulaufsicht

Darüber hinaus ist als Neuerung geplant, dass künftig – analog der Praxis an Grundschulen – auch die weiterführenden Schulen direkt pensionierte oder beurlaubte Lehrkräfte einstellen können. „Als weitere Maßnahme haben wir die Schulaufsichtsbehörden im Zuge der Umsetzung des Qualitätskonzepts bewusst in ihrer klassischen „aufsichtlichen“ Rolle gestärkt. So können sie den Fokus auf ihre zentrale Aufgabe richten, nämlich die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Dieses Thema muss für uns alle in der Schulverwaltung an höchster Stelle stehen“, sagt die Ministerin.

Auch die von der Kultusministerin veranlassten Vollerhebungen zum Unterrichtsausfall sollen helfen, diesen einzudämmen. „Wir müssen wissen, wo wir stehen, um die Situation zu verbessern. Ich wundere mich, wie viele Jahre man da offensichtlich im Blindflug unterwegs war“, sagt Susanne Eisenmann. Die Ergebnisse der ersten Vollerhebung zeigten, dass das Problem häufig eher kurzfristig auftretende Ausfälle und nicht die lange im Voraus bekannten sind.

Best-Practice-Beispiele für Vertretungskonzepte

Außerdem hat das Kultusministerium analysiert, wie die Gymnasien im Land den Unterrichtsausfall minimieren sowie mit sinnvoll genutzten Vertretungsstunden auffangen. Die Erkenntnisse der Untersuchung der Vertretungskonzepte sollen den Schulen als Best-Practice-Beispiele dienen. Zu den langfristig geplanten Maßnahmen gehört hier etwa die Bündelung möglichst vieler außerunterrichtlicher Veranstaltungen in einer Woche (Klassenfahrten, Studienfahrten, Science Days, BOGY, Exkursionen, etc.), die gegebenenfalls auch an Prüfungs- oder Korrekturzeiträume gekoppelt werden können. Auch die langfristige Verlagerung und der Tausch von Unterrichtsstunden bei planbaren Ausfällen (etwa Elternzeit oder Schüleraustausch) sind denkbar.

Bei kurzfristig drohendem Unterrichtsausfall hat sich aus Sicht der Gymnasien beispielsweise die Einrichtung einer Materialkiste mit leistungsdifferenzierten Aufgaben zur Förderung kognitiver, sprachlicher oder mathematischer Fähigkeiten bewährt. Auch von Fachlehrern für ihr jeweiliges Fach entworfene Arbeitsblätter, die die Basiskompetenzen trainieren und vertiefen, sind sinnvolle Möglichkeiten.

An vielen Schulen helfen auch Lehrkräfte mit befristeten Verträgen aus. Im landesweiten „Vertretungspool online“ stehen derzeit mehr als 6.000 Personen für die Übernahme von Vertretungen bereit, davon sind aktuell etwa 2.800 bereits im Einsatz. „Die meisten Schulen sind hier kreativ und gut aufgestellt. Aber natürlich will ich, dass weniger Unterricht ausfällt“, sagt die Kultusministerin. „Unser Grundproblem besteht leider einfach darin, dass es derzeit zu wenige Lehrer gibt – und an der Lösung arbeiten wir mit Hochdruck.“

Maßnahmen zur Vermeidung von Unterrichtsausfall

Für kurzfristig auftretende Ausfälle müssen die Schulen interne Vertretungskonzepte bereithalten, mit denen ad hoc reagiert werden kann. Dazu stehen u.a. folgende Möglichkeiten offen:

  • Vertretung durch eine andere Lehrkraft an der Schule, wenn möglich desselben Faches,
  • Zusammenlegung von Gruppen,
  • Selbstorganisiertes Lernen unter Aufsicht,
  • Verlegung („Nachholen“) des Unterrichts (vor allem bei bereits im Voraus bekannten Ausfällen).

Langfristige Ausfälle: Sollte eine Lehrkraft längerfristig ausfallen, stehen von Seiten der Schulverwaltung verschiedene Möglichkeiten offen:

  • Einsatz einer Lehrkraft aus der fest installierten Lehrerreserve,
  • Ermöglichung der kurzfristigen Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung einer teilzeitbeschäftigten Lehrkraft der Schule,
  • (Teil-) Abordnung einer Lehrkraft aus einer anderen Schule,
  • Abschluss eines befristeten Vertretungsvertrags.

Ein website-Artikel der GEW zu Beginn des Schuljahres 2018/19 passt in diese Stellungnahme des Kultusministeriums nicht so recht rein. Wir wollen sie trotzdem an dieser Stelle einfügen, damit sich unsere Mitglieder selbst ein Bild darüber machen können:

https://www.gew-bw.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/lehrereinstellung-201819-chancen-je-nach-schulart-unterschiedlich/

Für die Gymnasien heisst es in dem Artikel:

"Gymnasien: Einstellungschancen verschlechtern sich

Zum Schuljahr 2018/19 bewarben sich rund 3.000 Gymnasiallehrkräfte (1.247 Neu- und 1.418 Altbewerber/innen) für den Schuldienst. Insgesamt stehen in diesem Jahr 853 Stellen in den verschiedenen Verfahren für Gymnasiallehrkräfte zur Verfügung. Dies sind 486 Beamtenstellen und 116 Stellen für Angestellte mit Übernahmegarantie ins Beamtenverhältnis zum Schuljahr2019/20 an Gymnasien und 250 Beamtenstellen an Gemeinschaftsschulen.

Da wahrscheinlich nicht alle Dienstanfänger/innen mit einem vollen Deputat beginnen, dürften 950 Einstellungen möglich sein. Von diesen Stellen wurden 74 über die Zusatzqualifikation vergeben und 23 sind für Sonderverfahren und Härtefallregelung vorgesehen. Darüber hinaus bieten sich weitere Einstellungsmöglichkeiten an beruflichen Schulen.

Die Einstellungschancen in den vier Regierungspräsidien sind wie in den letzten Jahren sehr unterschiedlich. Sie waren im RP Stuttgart mit 208 Stellen im Listenverfahren deutlich am besten, im RP Karlsruhe konnten 72 und im RP Freiburg 52 Stellen vergeben werden. Im RP Tübingen war nach einem sehr erfolgreich verlaufenen Ausschreibungsverfahren, in dem bereits 36 Stellen besetzt werden konnten, für das Listenverfahren keine Stelle mehr vorgesehen.

Auch fachspezifisch gibt es große Unterschiede. Die Fächer Mathematik und Deutsch haben dieselben Stundentafeln und damit einen identischen Bedarf. Bei den Bewerber/innen sehen die Zahlen ganz anders aus. Die Lehrbefähigung für Deutsch haben über 1.000 angehende Lehrkräfte, die für Mathematik nur 267. Weiterhin ist neben einer guten Leistungsziffer die räumliche Flexibilität der Bewerber/innen und die Bereitschaft, auch an eine andere Schulart zu gehen, eine notwendige Voraussetzung für ein Einstellungsangebot.

Leider haben sich die Einstellungschancen für Gymnasiallehrkräfte im Vergleich zum Vorjahr nochmals deutlich verschlechtert. Dieser Trend hat verschiedene strukturelle Ursachen und wird sich eher noch verschärfen. So neigt sich die Pensionierungswelle dem Ende zu. Im vorigen Jahr wurden 809 Stellen vor allem durch Pensionierungen frei, 2018 sind es nur 531. Alle Kollegien an Gymnasien haben sich ganz wesentlich verjüngt und so werden in den nächsten Jahren die Chancen auf Neueinstellungen weiter sinken. Gleichzeitig hat sich ein Sockel von Altbewerber/innen gebildet, der jährlich wächst."